Wissen zur Personaldiagnostik

Newsletter Wirtschaftspsychologie #1

Sprachanalyse in der Personalauswahl

Unsere heutige Frage: Was verrät die Sprache über einen Menschen?

Viel – wenn es nach dem neuen Trend „Sprachanalyse von Bewerbern“ geht. Darunter versteht man die Idee, aus einer Sprachaufzeichnung Rückschlüsse auf Persönlichkeitsmerkmale zu ziehen.

Dafür beantworten Bewerber in einem Telefoninterview allgemeine Fragen eines Computers, zum Beispiel wie ein typischer Sonntag bei Ihnen abläuft oder wie sie Weihnachten verbracht haben.
Ziel ist es dabei, eine Sprachprobe des Bewerbers zu erhalten – unabhängig vom Inhalt. Die Spracherkennungssoftware analysiert dann das Gehörte, beispielsweise hinsichtlich Wortschatz,
Satzbau, Stimmlage und Lautstärke. Anschließend wird auf dieser Grundlage ein Profil des Bewerbers erstellt. Dieses enthält die Ausprägung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale und Aussagen über die berufliche Eignung. Die Software erfasst also in vergleichsweise kurzer Zeit sehr viele Merkmale des Bewerbers.  

Allerdings stellt sich dabei die Frage, ob diese Merkmale überhaupt unverfälscht und eindeutig erfasst werden können. So variiert beispielweise der Sprachstil und die Wortwahl, je nachdem worüber eine Person gerade spricht (Smalltalk vs. Prüfungsfrage). Auch die empfundenen Emotionen können etwa Lautstärke und Tonfall prägen. Darüber hinaus können Rahmenbedingungen wie die Tageszeit oder die Qualität der telefonischen Übertragung die Sprache beeinflussen. Nicht zuletzt kann jeder seine Stimme auch einfach willentlich verändern.

Selbst wenn sich diese Hürden überwinden ließen und die Erkennungssoftware ein komplett zutreffendes Bild der Bewerberpersönlichkeit zeichnen könnte – die Forschung zeigt, dass Persönlichkeitsmerkmale insgesamt einen sehr geringen bis keinen Einfluss auf die Vorhersage beruflicher Leistung haben:

„Der Denkfehler oder Trick der Anbieter: Sie untersuchen nicht das entscheidende Erfolgskriterium der beruflichen Leistung, sondern Persönlichkeitsmerkmale.“
Prof. Dr. Uwe Peter Kanning, Hochschule Osnabrück

Unsere Antwort: Die Sprache verrät uns nicht viel über einen Menschen – insbesondere im Bereich der Personalauswahl raten wir vom Einsatz der Sprachanalyse ab.

Newsletter Wirtschaftspsychologie #2

Die Generation Y und ihr Einfluss auf Unternehmen

Unsere heutige Frage: Generation Y: Mythos oder Stein der Weisen?

Hierarchie ablehnend, nach Autonomie strebend und freizeitliebend soll sie sein – zumindest offenbaren dies zahlreiche Studien und Ratgeber. Mit „sie“ ist die sogenannte Generation Y gemeint, welche mit ihren neuen Werten und Erwartungen eine große Herausforderung für Unternehmen darstellen soll. Doch gibt es diese Generation wirklich und welche Konsequenzen ergeben
sich hieraus für das Personalwesen?

Bei der Generationenzuordnung weichen die einzelnen Definitionen stark voneinander ab. Je nachQuelle spricht man über die Geburtenjahrgänge zwischen 1978 und 2000. Im Durchschnitt gehören in Deutschland fast 15 Millionen Menschen zur Generation Y.  

Mit der Einordnung von Personen anhand von Geburtsjahren werden somit sehr breite Kategorien geschaffen. Wegen der Vielzahl der darin enthaltenen Menschen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass alle die gleichen Persönlichkeitsmerkmale und Präferenzen aufweisen. Innerhalb jeder Generation gibt es vielmehr deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Personen und deren Bedürfnissen und Fähigkeiten. Diese Unterschiede sind sogar weitaus größer als die Unterschiede zwischen verschiedenen Generationen.

Daher erhält man mit diesem vereinfachten Generationendenken kein weiteres Wissen über den einzelnen Bewerber oder Mitarbeiter. Auch ist beim Vergleich der Arbeitsmotive kein signifikanter Unterschied zwischen den Generationen zu verzeichnen. Der zu beobachtende Wertewandel, der sich z. B. im wachsenden Wunsch nach flexiblem Arbeiten zeigt, sollte daher als generationsübergreifend betrachtet werden.

Unsere Antwort: Es handelt sich eher um einen Mythos: Wie bei allen Generationen gibt es auch innerhalb der Generation Y individuelle Unterschiede, die weitaus größer sind als die Unterschiede zwischen den Generationen. Daher raten wir dazu, die Unternehmenskultur generationsübergreifend zu gestalten und bei der Personalauswahl den Bewerber individuell zu betrachten.

Newsletter Wirtschaftspsychologie #3

Selbsteinschätzungen in der Personalarbeit

Unsere heutige Frage: Selbsteinschätzungen: Alles Fake?

Selbsteinschätzungen sind beliebte und häufig in der Personalarbeit eingesetzte Instrumente. Sie  finden oftmals in der Personalentwicklung zum Beispiel zur Einschätzung der eigenen  Persönlichkeit und Beurteilung beruflicher Leistung Anwendung und werden auch hin und wieder  in der Personalauswahl eingesetzt.      Der Charme dieser Verfahren liegt darin, dass sie ökonomisch sind, indem sie vergleichsweise  wenig Zeit und Aufwand beanspruchen. Dadurch können sie einfach und ortsunabhängig  durchgeführt werden. Auch signalisiert das Erfragen der individuellen Sichtweise eine  wertschätzende Haltung gegenüber dem Befragten.     Neben den genannten Vorteilen gibt es jedoch auch Grenzen. Unsere Selbsteinschätzungen sind  subjektiv und beispielsweise geprägt von Erinnerungen und Emotionen. Dies führt zu verzerrten  Wahrnehmungen, die sich in einer Selbstüberschätzung zeigen können. So schätzt sich im Alltag  fast jeder Autofahrer als überdurchschnittlicher Fahrer ein. Das widerspricht jedoch einer  realistischen Einschätzung, wonach sich eher je 50% als über- bzw. unterdurchschnittlich  bezeichnen müssten. Zudem ist es oft so, dass sich die Stärksten unterschätzen und die  Schwächsten deutlich überschätzen (Dunning-Kruger-Effekt). Daher sind Selbsteinschätzungen für  die Leistungserfassung nicht geeignet. Darüber hinaus sind Selbsteinschätzungen anfällig für  sozial erwünschte Antworten, wie sie leicht durchschaubaue Merkmale wie z. B. soziale Kompetenz  nahelegen. Nicht zuletzt hat jeder von uns einen „blinden Fleck“, also Verhaltensbereiche, die der  eigenen Person unbekannt sind. Der Bereich des „blinden Flecks“ kann nur durch  Fremdeinschätzungen reduziert werden.

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Auf eine möglichst hohe Qualität der Instrumente achten (z. B. trennscharfe Fragen,  ausdifferenzierte Skala) 
  • Selbsteinschätzungen nicht als alleiniges Instrument einsetzen, sondern beispielsweise  mit Fremdbeurteilungen abgleichen 
  • Selbsteinschätzungen der sozialen Kompetenz durch Verhaltensbeobachtung ergänzen 
  • Erfassung der Leistung durch Leistungstests

Unsere Antwort: Nein, Selbsteinschätzungen sind ein wertvolles Instrument in der Personalentwicklung. Gerade im Kontext der Personalauswahl sollten sie jedoch nicht alleinstehend eingesetzt werden, sondern mit anderen Urteilsquellen kombiniert werden.

Newsletter Wirtschaftspsychologie #4

„Das ist ungerecht!“ - Reaktanz bei Veränderungen

Unsere heutige Frage: Wie schaffen wir es, dass sich Menschen an Regeln halten?

Der aktuelle Teil-Lockdown zum Schutz vor dem Coronavirus geht mit vielen Regelungen und  Appellen einher, die erneut für jeden Einzelnen von uns große Einschränkungen bedeuten.  Manche Maßnahmen werden dabei als sinnvoll wahrgenommen, andere als verwirrend oder zu  drastisch und ungerecht. Dabei häufen sich Medienberichte von Menschen, die sich nicht mehr an  die Regelungen halten möchten. Wie lässt sich dieses Phänomen aus psychologischer Sicht  erklären?      Menschen empfinden es als unangenehm, wenn ihr Bedürfnis nach Selbstbestimmung bedroht  wird. Dieser unangenehme Zustand, die so genannte Reaktanz, kann zu einem inneren Widerstand  gegen von außen auferlegten Einschränkungen führen. Um die Reaktanz zu reduzieren, tendieren  Menschen dazu, gerade das verbotene oder unerwünschte Verhalten zu zeigen.      Im beruflichen Kontext ist Reaktanz häufig während Veränderungsprozessen zu beobachten. Auf  Veränderungen reagieren Mitarbeiter nach einem anfänglichen Schock oftmals mit Ablehnung und  innerem Widerstand (vgl. 7-Phasen-Modell nach Streich). Wie stark die Ablehnung ausfällt, hängt  dabei insbesondere von der empfundenen Gerechtigkeit ab. Die Bewertung von Gerechtigkeit  findet auf drei Ebenen statt: wie umfassend und verständlich die erhaltenen Informationen sind  (informationale Gerechtigkeit), wie wertschätzend und verständnisvoll diese vermittelt wird  (interpersonale Gerechtigkeit) und ob ein Mitspracherecht besteht (prozedurale Gerechtigkeit). Die  folgenden Tipps helfen Ihnen ganz praktisch dabei, Reaktanz bei anderen zu reduzieren.

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Formulieren Sie Regeln, Appelle und Einschränkungen verständlich und nachvollziehbar 
  • Schaffen Sie im Idealfall Möglichkeiten zur Mitbestimmung bzw. Mitgestaltung - gibt es  keine Mitbestimmungsmöglichkeiten, ist es umso wichtiger Sinn und Zweck zu vermitteln 
  • Passen Sie Regeln und Einschränkungen an die aktuelle Situation an, z.B. durch  regelmäßige Updates 
  • Betonen Sie den individuellen Nutzen und was durch die Einhaltung für das Unternehmen  und die Gesellschaft gewonnen werden kann

Unsere Antwort: Ein wichtiger Faktor ist, Menschen in ihrem Bedürfnis nach  Selbstbestimmung ernst zu nehmen. Mit der richtigen Kommunikation und Formulierung   von Regeln, Appellen und Einschränkungen lässt sich ein gefühlter Freiraum schaffen. Dieser hilft dabei, die empfundene Gerechtigkeit zu stärken und Reaktanz zu reduzieren.

Newsletter Wirtschaftspsychologie #5

Die „Dunkle Triade“ - Die dunkle Seite der Macht

Unsere heutige Frage: Selbstbewusstsein - je mehr, desto besser?

Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit sind im Berufskontext sehr gefragt. Nicht nur für das Voranbringen der eigenen Karriere sind diese Eigenschaften förderlich - die Forschung zeigt, dass Menschen mit  einem positiven Selbstwert gesünder leben und zufriedener sind. Jedoch gibt es einen Unterschied zwischen  gesundem Selbstbewusstsein und Narzissmus. Letzteres bezeichnet eine übersteigerte Selbstliebe und umfasst Aspekte wie die Überzeugung etwas Besseres zu sein und einen Mangel an Empathie. Narzissmus zeigt  dabei Überschneidungen mit zwei weiteren Merkmalen: Machiavellismus (Streben nach Macht, Glaube „Zweck  heiligt die Mittel“) und subklinische Psychopathie (impulsiv, über Normen hinweg setzen und kein Problem  darin sehen). Alle drei gehen mit unmoralischem und selbstbezogenen Verhalten einher und werden gemeinsam als „Dunkle Triade“ bezeichnet. 

Die „Dunkle Triade“ wird hauptsächlich im Führungskontext untersucht. Es gibt noch keine konkreten Zahlen, wie viele Führungskräfte diese negativen Persönlichkeitszüge aufweisen, vermutlich sind es weniger als 10%. Jedoch zeigt eine Meta-Analyse, dass die wenigen, die es betrifft, einen ausgeprägten Hang zu kontraproduktivem Verhalten haben, wodurch sie ihren Arbeitgeber schädigen. Dazu gehört die Anwendung von unethischen Strategien, wie z.B. Lügen, Mobbing und unfaires Führungsverhalten. Darüber hinaus zeigen Studien, dass Personalentwicklungsmaßnahmen für Personen mit Anzeichen einer dunklen Triade keine Veränderung in deren Führung oder individuellen Weiterentwicklung bewirkten. Ein Grund hierfür ist, dass sie die notwendige Veränderung weniger bei sich, sondern mehr bei den anderen sehen.

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Achten Sie schon bei der Personalauswahl auf Anzeichen für die „Dunkle Triade“. 
  • Prüfen Sie auch Mitarbeiter mit langer Berufserfahrung kritisch auf ihre Führungseignung. Nur weil  jemand erfahren ist und selbstbewusst auftritt, ist er oder sie noch keine gute Führungskraft. 
  • Klären Sie bei der Besetzung von Führungspositionen im Idealfall die Ausprägung der „Dunklen Triade“ ab. Ein geeignetes Messinstrument stellt das Online-Verfahren „Dark Triad of Personality at Work  (TOP)“ dar, das wir gerne für Sie durchführen.

Unsere Antwort: Ein gesundes Selbstbewusstsein ist wichtig für persönliche Gesundheit, Zufriedenheit und Erfolg im Beruf. Es wird dann kritisch, wenn das eigene Wohl dauerhaft über das anderer gestellt wird. Daher lohnt es sich besonders bei verantwortungsvollen Führungspositionen,  schon bei der Personalauswahl einen Blick auf das Thema „Dunkle Triade“ zu werfen.

Newsletter Wirtschaftspsychologie #6

Das Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle

Unsere heutige Frage: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?

Die Bedeutung von Vertrauen wird uns in Zeiten der Pandemie auf ganz besondere Weise bewusst. Sei es Vertrauen in die Regierung und die dort beschlossenen Maßnahmen, oder auch Vertrauensfragen bei Themen wie Homeoffice und Homeschooling. Diese Situationen sind geprägt von einem hohen Maß an Ungewissheit und Komplexität - zwei Rahmenbedingungen, die besonders viel Vertrauen erfordern. Eine Situation, in der alle relevanten Umstände bekannt sind, bedarf deutlich weniger Vertrauen als eine Situation, in der wir uns in einem vagen Zustand zwischen Wissen und Nicht-Wissen befinden. Vertrauen geht mit dem Risiko einher, dass es enttäuscht werden kann, wodurch persönlich negative Konsequenzen entstehen können. Ein bekanntes Beispiel aus der sozialpsychologischen Forschung ist das sogenannte Gefangenendilemma. Zwei Probanden (die „Gefangenen“) können hier in mehreren Durchgängen zwischen einer kooperativen oder einer kompetitiven Strategie wählen, ohne zu wissen wie sich der jeweils andere entscheidet. Die kompetitive Strategie bringt einen persönlichen Vorteil, wenn der andere auf die kooperative Strategie vertraut. Insgesamt ist jedoch für beide am besten, wenn sie im Sinne des Gesamtwohls die kooperative Strategie wählen, sprich sich gegenseitig vertrauen.  Dabei ist Vertrauen einerseits zukunftsbezogen und beruht anderseits zugleich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Hat man beispielsweise in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht, resultieren daraus oft auch negative Erwartungen für die Zukunft. Wenn wir anderen Menschen mit Misstrauen begegnen und sie für wenig vertrauenswürdig halten, ist jedoch das Risiko hoch, dass sich diese Erwartungen scheinbar erfüllen, weil Informationen entsprechend selektiv wahrgenommen werden (Selbsterfüllende Prophezeiung). Das gilt auch im Arbeitskontext: Eine Führungskraft, die beispielsweise bei ihrem eigenen Werdegang viel Kontrolle erfahren hat, kann dazu neigen, ihre eigenen Mitarbeiter ebenfalls stark zu kontrollieren, z. B. im Homeoffice. Viele Mitarbeiter wünschen sich jedoch Vertrauen und Handlungsspielraum, was sich positiv auf die Beziehungsebene und die Arbeitsleistung auswirkt.

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Geben Sie Ihren Mitarbeitern und Kollegen einen Vertrauensvorschuss, z.B. bei der Arbeitseinteilung im Homeoffice.
  • Nutzen Sie den Effekt der Selbsterfüllenden Prophezeiung, indem Sie positive Erwartungen an Ihre Mitarbeiter und Kollegen formulieren - achten Sie auf Ihr Mindset und Ihre Kommunikation.
  • Fördern Sie die gegenseitige Vertrauensbildung durch Transparenz, Ehrlichkeit und Offenheit.

 

Unsere Antwort: Kontrolle ist nicht immer und bei jedem geeignet. Vertrauen zahlt sich oftmals aus, insbesondere mit Blick auf das Gesamtwohl. Kontrolle kann sinnvoll sein, wenn es darum geht Vereinbarungen nachzuhalten, oder wenn geschenktes Vertrauen enttäuscht wurde.

Weiterführende Quellen:

Newsletter Wirtschaftspsychologie #7

Entscheidungen unter Stress

Unsere heutige Frage: Wie kann man unter Stress gute Entscheidungen treffen? 

Ende November ist es wieder so weit: Am „Black Friday“ locken zahlreiche Händler  mit attraktiven Schnäppchen. Mit Slogans wie „nur heute und nur solange der Vorrat  reicht“ kann jedoch schnell der Druck entstehen, bei der Schnäppchenjagd das beste Angebot zu finden. Die Entscheidung zwischen zehn Smartphones bei fünf Händlern  eird zum Stressfaktor. Dabei sind Entscheidungen unter Stress allgegenwärtig. Sei es die Last-Minute-Geschenkesuche im Vorweihnachtsstress oder die finanzielle Absicherung in Krisen-Zeiten.  Obwohl in einigen Berufen der Umgang mit Stresssituationen sogar Teil der Ausbildung ist (z.B. bei Piloten oder Notärzten), fällt es den meisten Menschen schwer, im stressigen Alltag wichtige Entscheidungen zu treffen. Welche Situationen dabei als „stressig“ wahrgenommen werden, ist sehr individuell. Sobald sich jedoch das Gefühl einer Bedrohung und Überforderung einstellt, werden psychologische, körperliche und verhaltensbezogene Reaktionen ausgelöst, die meist automatisch ablaufen. 
Eine Reihe psychologischer Studien zeigt, dass Menschen unter Stress Entscheidungen primär auf der Grundlage von Emotionen und einfachen Entscheidungsregeln treffen. Eine dieser Regeln lautet „Was selten ist, ist wertvoll“. Dieses so genannte „Knappheitsprinzip“ machen sich Händler am Black Friday gezielt zunutze, indem sie durch (oftmals suggerierte) Angebots-Knappheit eine stressbehaftete Konkurrenzsituation schaffen, die zu Impuls- oder Hamsterkäufen verführt. Die mit der Kaufentscheidung verbundenen Emotionen - egal, ob positiv (Freude über das Schnäppchen) oder negativ (Frust über die verpasste Gelegenheit) - werden als stark erlebt, lenken aber von der eigentlichen Entscheidungsgrundlage ab und führen oft zu Fehlentscheidungen. Das vermeintliche Schnäppchen entpuppt sich dann als Staubfänger. 

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Treffen Sie wichtige Entscheidungen nicht unter Zeitdruck und lassen Sie sich auch nicht künstlich unter Zeitdruck setzen, etwa von aufdringlichen Verkäufern.  
  •  Starke Emotionen wie Ärger, Wut, aber auch Euphorie sollten Sie erst verklingen lassen und das weitere Vorgehen in Ruhe überlegen, bevor Sie wichtige Entscheidungen treffen. 
  •  Hinterfragen Sie bereits getroffene Entscheidungen in einer ruhigen Minute und überdenken Sie sie neu, indem Sie z.B. von Ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen. 

Unsere Antwort: Stress kann die Art und Weise beeinflussen, wie wir Entscheidungen treffen.  Während die Qualität einfacher Alltagsentscheidungen auch unter Stress nicht leidet, sollten  wichtige Entscheidungen nicht unter Stress getroffen werden. 

Weiterführende Quellen: 

Newsletter Wirtschaftspsychologie #8

Aktuelle Trends in der Personaldiagnostik

Unsere heutige Frage: Welche Entwicklungen und Erkenntnisse gibt es 2023 in der Personaldiagnostik?

Wir alle wissen: Die Digitalisierung und der seit einigen Jahren vorherrschende Fachkräftemangel verändert die Arbeitswelt grundlegend. Die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden nehmen weiter an  edeutung zu. 

Für die Personaldiagnostik ergeben sich daraus einige Trends und Implikationen: 

  • Der Einsatz KI-gestützter Methoden, vor allem in globalen Unternehmen, ist ein deutlicher Zukunftstrend in der Personaldiagnostik, sowohl im Rahmen von Auswahlprozessen als auch in Bezug auf die gezielte Weiterentwicklung von Mitarbeitenden. Gleichzeitig wird dieser Trend kontrovers diskutiert, da er qualitative, ethische sowie datenschutzrechtliche Fragen aufwirft. 
  •  Eine aktuelle Zusammenschau vieler Studien ergab, dass Intelligenztests und Assessment Center nach wie vor einen großen Beitrag zur Vorhersage beruflichen Erfolgs leisten. Kombiniert stellen sie ein besonders treffsicheres Auswahlinstrument dar. Der Beitrag von Intelligenztests zur Vorhersage des beruflichen Erfolgs ist dabei bei komplexen (Führungs-)Positionen deutlich höher. 
  • Strukturierte Interviews führen nun das Ranking der aussagekräftigsten Einzelverfahren an. Darüber hinaus erzielen sie weiterhin eine deutlich höhere Vorhersagekraft als unstrukturierte Interviews. 
  • Auf Platz 2 landen sog. Integritäts-Tests. Diese erfassen die Wahrscheinlichkeit unerwünschten Verhaltens gegenüber dem Arbeitgeber wie Vorteilsannahme, Unehrlichkeit oder Illoyalität. Hierzu liegen jedoch bisher nur Daten aus den USA vor. 

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Sie finden auch, das klingt spannend? Über diese Themen und viele weitere erfahren Sie mehr auf unserer „Fachtagung Personalpsychologie - Eignungsdiagnostik und mehr“ am 24. Juli 2023. 

Unsere Antwort: Megatrends wie Künstliche Intelligenz halten auch Einzug in die Personal- diagnostik. Strukturierte Interviews, Intelligenztests und Assessment Center sind auch 2023  eine gute Wahl. 

Weiterführende Quellen: 

  • Kersting, M. (2021). Zwischen Mensch und Maschine – Digitale Transformation von HR. 
  • K. Schwuchow & J. Gutmann (Hrsg.) HR‐Trends 2022 (S. 395‐404). Freiburg: Haufe. (ISBN 978‐3‐648‐15293‐5) 
  • Sackett, P. R., Zhang, C., Berry, C. M., & Lievens, F. (2021). Revisiting meta-analytic estimates of validity in personnel selection: Addressing systematic overcorrection for restriction of range, Journal of Applied Psychology. Advance online publication. 

Newsletter Wirtschaftspsychologie #9

Eine erfolgreiche Auswahl sicherstellen

Unsere heutige Frage: Unter Vielen versteckt, aber dennoch entdeckt - wie lassen sich die besten Kandidat/-innen in Zeiten des Fachkräftemangels aufspüren?  

Geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, wird auch 2024 eine zentrale Herausforderung in der Personalarbeit bleiben. Taylor und Russell beschreiben bereits 1939 (!) den Zusammenhang zwischen der 
Treffsicherheit des Auswahlverfahrens, den ausgewählten sowie den geeigneten Personen. Ziel ist eine möglichst hohe Erfolgsquote, also ein möglichst großer Anteil der Ausgewählten, der auch tatsächlich geeignet ist. 

Allgemein lässt sich sagen: Die Erfolgsquote steigt bei  

  • mehr geeigneten Kandidat/-innen in der Zielgruppe (höhere Basisquote) 
  • weniger ausgewählten Kandidat/-innen (kleinere Selektionsquote) 
  • besseren Auswahlverfahren (höhere Validität) 

Häufig lässt die Basisquote aber zu wünschen übrig und es stehen z.B. durch weniger und qualitativ schlechtere Bewerbungen nur wenig geeignete Kandidat/-innen zur Verfügung. In dieser schwierigen Ausgangssituation spielt die Qualität des Auswahlverfahrens eine besonders große Rolle und bewirkt eine deutliche Verbesserung der Erfolgsquote. Oder anders formuliert: Wenn es viele Geeignete gibt, braucht man kein herausragendes Auswahlinstrument, um diese zu finden - wenn nicht, umso dringender. 

Unsere Tipps für die Praxis:  

  • Achten Sie auf eine besonders zielgruppenspezifische Bewerberansprache, um an die Basis - die geeigneten Kandidaten und Kandidatinnen - heranzukommen. 
  • Investieren Sie in ein hochwertiges Auswahlverfahren. Gerade in Zeiten des „war for talents“ müssen Auswahlverfahren besonders hohen Qualitätsansprüchen genügen. Eine professionelle Personalauswahl ist nachgewiesenermaßen ein zentraler Faktor, ein Stellenangebot anzunehmen. 
  • Verlieren Sie keine Zeit zwischen Bewerbungseingang, Auswahlverfahren und Zusage. Die wenigen geeigneten Bewerber/-innen kennen ihren Marktvorteil.  

Unsere Antwort: In enger werdenden Personalmärkten ist es wichtig, hochwertige Auswahlver fahren einzusetzen.

Weiterführende Quellen: 

  • https: //wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/personal/treffgenau-mit-taylor-russel-tafeln 
  • H. C. Taylor, J. T. Russell: The relationship of validity coefficients to the practical effectiveness of tests in selection: Discussion and tables. In: Journal of Applied Psychology, 23, 1939, S. 565–578 
  • Schuler, H. (2014). Psychologische Personalauswahl (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. 

Feedbackgespräche nach Potenzialanalysen

Für den Nutzen einer Potenzialanalyse ist das anschließende Feedbackgespräch zentral. Sie führen (in Zukunft) diese Feedbackgespräche? Dann besuchen Sie unser Webinar.

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